Die Dynamik im Zahlungsverkehr hat direkten Einfluss auf den E-Commerce in Deutschland. Während Verbraucher seit Jahren Kreditkarten, PayPal oder Klarna nutzen, stehen mit Wero und dem geplanten digitalen Euro neue europäische Lösungen bereit. Sie versprechen geringere Kosten, höhere Sicherheit und regulatorische Stabilität. Gleichzeitig müssen Plattformen ihre technologische Basis so vorbereiten, dass sie flexibel auf neue Standards reagieren können. Im September 2025 verdichten sich die Entwicklungen: Der digitale Euro rückt politisch näher, Wero ist im E-Commerce einsatzbereit und die Diskussion über Schnittstellen zu Blockchain und sogar Krypto-Zahlungen wird lauter. Für Händler stellt sich die Frage: Welche Weichen müssen heute gestellt werden, um morgen wettbewerbsfähig zu bleiben?
Der digitale Euro – vom Pilotprojekt zur planbaren Realität
Der digitale Euro ist kein fernes Gedankenspiel mehr, sondern Teil einer strukturierten Roadmap der Europäischen Zentralbank. Seit November 2023 läuft die Vorbereitungsphase, die im Oktober 2025 endet. Danach wird der EZB-Rat entscheiden, ob die Entwicklung in die Umsetzungsphase übergeht. Die EZB hat bereits drei Fortschrittsberichte veröffentlicht, zuletzt im Juli 2025. Darin wurden technische Standards, Sicherheitsarchitektur und mögliche Anwendungsfälle vorgestellt. Unter anderem testeten Marktakteure bedingte Zahlungen, also Überweisungen, die nur bei Eintritt bestimmter Bedingungen ausgelöst werden, sowie Offline-Szenarien für Ausfälle von Netzen oder Banken.
Laut EZB-Vorstand Piero Cipollone soll der digitale Euro so gestaltet werden, dass er stabil, für Verbraucher kostenfrei und jederzeit verfügbar ist – insbesondere in Krisen, wenn Banken oder Zahlungsdienstleister ausfallen könnten. Politisch wird eine Entscheidung Ende 2025 oder Anfang 2026 erwartet. Danach dürfte ein Rollout bis 2028 realistisch sein. Für den E-Commerce bedeutet das: Wer heute seine Systeme modular aufstellt, kann morgen ohne großen Aufwand die digitale Zentralbankwährung akzeptieren.
Ein Randaspekt sind Kryptowährungen. Noch spielen Bitcoin & Co. im deutschen Onlinehandel kaum eine Rolle, während andere Branchen, wie zum Beispiel das kryptoaffine iGaming, diese schon längst einsetzen. Im Coinpoker Test zeigt sich, dass es in diesem Sektor durchaus Anbieter gibt, die sich gezielt spezialisiert haben und die Ein- und Auszahlungen ausschließlich mit alternativen Währungen anbieten.
Über Wallet-Schnittstellen oder Banken wie die Sparkassen, die ab 2026 Krypto-Handel in ihre Apps integrieren wollen, könnten Kryptowährungen aber durchaus perspektivisch ins gleiche Ökosystem eingebunden werden. Damit wächst der Druck auf Händler, Payment-Technologie grundsätzlich offen zu halten.
Wero – Instant Payments als Brückentechnologie
Während der digitale Euro noch vorbereitet wird, ist Wero bereits da. Die von der European Payments Initiative entwickelte Lösung startete im Sommer 2024 in Deutschland, Frankreich und Belgien zunächst für Peer-to-Peer-Überweisungen. Seit dem Sommer 2025 ist Wero nun auch für Onlinehändler verfügbar. Damit können Kunden ihre Bestellungen in Echtzeit begleichen – direkt vom Bankkonto, ohne Umwege über Kreditkartennetzwerke oder US-basierte Payment-Provider.
Die Vorteile für Händler sind erheblich. Während PayPal in Deutschland mit 2,99 % plus fixer Gebühr zu Buche schlägt, liegen die Kosten für Wero bei rund 0,65 %. Erste Zahlen belegen das Wachstum: Bereits Ende 2024 zählte Wero 17 Millionen Nutzer in Deutschland und über 12 Millionen Transaktionen.
Darüber hinaus verfolgt EPI eine klare Roadmap: Bis 2026 sollen Abo-Zahlungen, POS-Integration, Loyalty-Funktionen und BNPL-Angebote ergänzt werden. Für den Onlinehandel ergibt sich damit eine direkte Brücke in die Zukunft: Händler können Wero schon heute einsetzen und sich damit technologisch auf eine spätere Integration des digitalen Euro vorbereiten.
Plattform-Technologie: Zukunftstauglichkeit beginnt heute
Die wichtigste Frage für Händler und Plattformbetreiber lautet: Wie mache ich meine Infrastruktur fit für kommende Entwicklungen? Die Antwort: Flexibilität durch modulare Systeme. Wer heute API-offene Payment-Stacks nutzt, kann neue Zahlarten wie Wero, den digitalen Euro oder auch Krypto-Optionen mit vergleichsweise geringem Aufwand einbinden.
Große Plattformen wie Zalando oder Amazon sind bereits mit regulatorischen Anforderungen beschäftigt – Stichwort DSA und VLOP-Einstufung. Parallel zwingt der Markt sie, ihre Payment-Optionen zu diversifizieren. Kleinere Händler profitieren von dieser Entwicklung, wenn Payment-Provider wie Worldline, Nexi oder Unzer entsprechende Schnittstellen „as a Service“ bereitstellen.
Die Integration neuer Zahlarten ist dabei nicht nur eine technische Frage, sondern auch eine Frage der Kostenoptimierung und Kundengewinnung. Wer Wero anbietet, verschafft sich einen Preisvorteil gegenüber Wettbewerbern, die ausschließlich PayPal oder Kreditkarten akzeptieren. Wer perspektivisch den digitalen Euro integriert, signalisiert Vertrauen und Sicherheit, weil es sich um Zentralbankgeld handelt. Und wer Krypto-Wallets zumindest andocken kann, öffnet sich zusätzlichen Zielgruppen, ohne das Kerngeschäft zu gefährden.
Damit wird deutlich: Zukunftstauglichkeit ist kein Projekt von morgen, sondern eine strategische Entscheidung im Heute. Wer Payment als reines Abrechnungstool betrachtet, wird den Anschluss verpassen. Wer es als Wettbewerbsfaktor versteht, schafft sich dagegen einen Vorsprung. In einer Handelswelt, die immer stärker von Regulierung, Sicherheit und Kostenfaktoren bestimmt wird, ist Payment-Infrastruktur längst mehr als Technik, sie ist strategische Zukunftsvorsorge.