Das Glücksspiel und seine rechtliche Behandlung im jeweiligen EU-Staat landen immer öfter vor Gericht. Eigentlich sollte die Sache klar sein, doch diese stellt sich bei genauerer Betrachtung als ziemlich kompliziert dar.
Ein Grundprinzip der Europäischen Union und seiner Mitgliedsstaaten ist die sogenannte Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Sie zählt zu den vier Grundprinzipien der Gemeinschaft und regelt den freien wirtschaftlichen Austausch innerhalb des Gebietes der EU.
Ausnahme von der Regel?
Darin ist geregelt, dass sich jedes Unternehmen der Europäischen Union in jedem Staat frei niederlassen und seine Leistungen innerhalb aller Mitgliedsstaaten anbieten kann, ohne dort tatsächlich einen Sitz zu haben.
Auf dieses Prinzip berufen sich auch die Betreiber zahlreicher Glücksspielunternehmen, die sich als Teil des E-Commerce betrachten. Sie arbeiten oft mit der Lizenz eines anderen Staates, wie Malta, werden jedoch durch die lokale Glücksspielgesetzgebung daran gehindert, ihre Angebote im jeweiligen Staatsgebiet zu offerieren.
Dabei berufen sich die Staaten gerne auf ihr Glücksspielmonopol, das eine Ausnahme von der Regel bildet. Allerdings hat die EU immer wieder festgestellt, dass diese Ausnahme nur dann zur Anwendung kommen darf, wenn die lokalen Glücksspielunternehmen nicht in ähnlicher Form für ihre Angebote werben, wie dies die ausländischen Betreiber tun.
Unter diesen Voraussetzungen ist es in Europa immer noch strittig, inwieweit Staaten ihre Glücksspielmärkte abschotten und ausländischen Anbietern den Zugang verweigern dürfen.
Das Monopol hält
Österreich zählt zu jenen Ländern, die auf ihr Monopol beharren. Dieses kommt vorerst noch den Casinos Austria zugute. Der ehemals staatliche dominierte Konzern ist mittlerweile jedoch mehrheitlich in der Hand eines tschechischen Konzerns. Dieser kämpft in voraussichtlich eineinhalb Jahren neuerlich um die Zuteilung jener Lizenzen, die im österreichischen Glücksspielgesetz vorgesehen sind.
Zwölf standortbasierte Konzessionen und eine Online-Lizenz stehen ab dem Jahr 2027 zur Vergabe an, der Andrang wird voraussichtlich auch diesmal groß werden. Vor allem die einzige Online-Lizenz steht seit langem in heftiger Kritik, denn sie versperrt der Konkurrenz den Weg. Wer in einem Online Casino um Echtgeld spielen möchte, hat zwar auch in Österreich eine enorme Auswahl im Netz, doch deren Legalität ist seit jeher ein Streitpunkt.
Ein Prozessfinanzierer zieht vor Gericht
Hier setzt ein Wiener Start-up an, das sich darauf spezialisiert hat, Kunden von Online Casinos ihr verlorenes Geld zurückzuholen. Wenn Spieler in die Schuldenfalle tappen und online viel Geld verlieren, dann tritt MSFIN auf den Plan. Das Start-up hat sich zum Ziel gesetzt, dem illegalen Glücksspiel in Österreich den Kampf anzusagen.
Während dieses früher zumeist in den Hinterzimmern von Cafés zu finden war, gilt heute das Internet als „rechtsfreier“ Raum. Das ist auch auf die unklare Gesetzeslage in Europa zurückzuführen. Doch das österreichische Glücksspielrecht ist in dieser Hinsicht eindeutig. Es verbietet Glücksspiel jeglicher Art im Netz, denn die einzige offizielle Lizenz des Landes besitzt die Casinos Austria-Tochter Win2day.
MSFIN möchte die Spieler vor großen Verlusten bewahren und setzt sich als Prozessfinanzierer für seine Kunden ein. Das Unternehmen agiert auf einem Markt, der pro Jahr zwischen 200 und 300 Millionen Euro Umsatz in Österreich generiert. Doch die Verluste bei Online Casino sind für österreichische Spieler einklagbar. Befürworter argumentieren auch damit, dass es für Kunden dieser Betreiber oft nicht ersichtlich wäre, dass ihre Angebote in Österreich per gesetzlicher Definition illegal sind.
Weder Kosten noch Risiken für den Kunden
Aus diesem Faktum entwickelten die Gründer ein eigenes Geschäftsmodell. Dieses baut darauf, dass österreichische Gerichte den Spielern eine Rückzahlung ihrer Verluste bei ausländischen Online Casino zusprechen. MSFIN übernimmt als Prozessfinanzierer die gesamten Kosten der Klage und die administrative Abwicklung für die Kläger. Dafür erhält das Unternehmen im Erfolgsfall eine Provision.
Unterstützt werden Kläger und MSFIN von Anwälten, die auf das österreichische Glücksspielrecht spezialisiert sind. Gemeinsam versucht man, die Ansprüche durchzusetzen und hat damit Erfolg. Mittlerweile kann das Start-up auf eine Rückforderung von insgesamt 5 Millionen Euro verweisen. Die Kunden haben also weder Kosten zu tragen noch sonstigen Aufwand zu stemmen.
Prozesse sind zumeist sinnlos
Das ist erstaunlich, schließlich hat die Vergangenheit gezeigt, dass Prozesse oft ins Leere führen. Das liegt vorwiegend daran, dass die verurteilten Unternehmen oftmals kein verwertbares Vermögen in Österreich besitzen, eine erfolgreiche Klage daher nicht durchgesetzt werden kann.
Zudem haben jene Staaten, die für die betroffenen Betreiber entsprechende Lizenzen ausgestellt haben, damit begonnen, ihre Unternehmen per Gesetz vor solchen Klagen zu schützen. Eine endgültige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu dieser Entwicklung steht trotz Klage aus mehreren Ländern noch aus.
Damit nicht genug, ist zuletzt ein Betreiber in die Gegenoffensive gegangen und hat in Österreich erfolgreich die Rückzahlung von Gewinnen durchgesetzt. Der Oberste Gerichtshof hatte festgestellt, dass mit einem illegalen Online Casino kein Vertrag zustande kommen kann. Die gilt jedoch in beiden Richtungen, daher sind sowohl Verluste als auch Gewinne zurückzuerstatten.
Angesichts dieser Ausgangssituation könnte man also meinen, dass das Geschäftsmodell von MSFIN von vorneherein zum Scheitern verurteilt wäre. Doch die findigen Gründer haben einen Weg gefunden, wie ihre Kunden zu ihrem Geld kommen können.
Dies geschieht nämlich, ohne einen Prozess zu führen. Das Start-up und seine Anwälte einigen sich bereits vorher auf eine außergerichtliche Einigung. So kam es in der Vergangenheit mehrfach zu einer schnellen Einigung zwischen allen Beteiligten.